Das Boot – Welterfolg aus der Tiefe
Eine U‑Boot‐Besatzung wird zum legendären Stab des erfolgreichsten deutschen Films aller Zeiten. Doch er stand unter keinem guten Stern. Vom Streit über das Drehbuch, zu Unfällen am Set, bis hin zum Vorwurf der Kriegsverherrlichung – immer wieder steht das Projekt vor dem Aus. Die Dokumentation zeigt unveröffentlichte Interviews mit Stars und Machern des Films und fragt: Wie konnte trotz aller Widrigkeiten so ein Mythos entstehen?
Ein Film über das Schicksal einer deutschen U‑Boot‐Besatzung im Jahr 1941 wird 36 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs 1981 zum Welterfolg. Millionen von Kinogängern auf der ganzen Welt machen DAS BOOT zum international erfolgreichsten deutschen Film aller Zeiten.
1983 erhält er die Nominierung zum Oscar. 1985 erzielt die TV‐Fassung Einschaltrekorde (bis zu 20 Millionen Fernsehzuschauer allein in Deutschland) und verankert den Film generationsübergreifend im öffentlichen Bewusstsein sowohl in Deutschland, als auch in Frankreich aber vor allem in England, wo die BBC Zuschauerrekorde verzeichnet. Vor dem Erfolg standen strapaziöse Dreharbeiten.
Grundlage der Produktion ist der Roman eines Zeitzeugens. 1973 veröffentlicht der ehemalige Kriegsberichterstatter Lothar‐Günther Buchheim sein Buch DAS BOOT, auf Grundlage seiner Kriegserfahrungen auf der 7. Feindfahrt der U 96 im Jahre 1941. Sein reflektierendes Buch entwickelt sich zu einem internationalen Bestseller. 1976 sichern sich die Bavaria Studios, damals die größten Filmstudios Westdeutschlands, die Verfilmungsrechte. Ein Hollywood Blockbuster soll entstehen – als deutsch‐amerikanische Produktion mit Starbesetzung. So wird mit Robert Redford und Paul Newman geplant. Ohne Drehbuch werden direkt ein Außen‐ und Innenboot in Originalgröße nachgebaut. Kostenpunkt drei Millionen DM. Doch Buchheim legt gegen zwei Drehbücher ein Veto ein, sie seien zu clichéehaft, maßlos übertrieben. Die Amerikaner steigen aus der geplanten Spielfilm‐Produktion „Das Boot“ aus. Die Kulissen rosten ungenutzt auf dem Studio-Gelände vor sich hin.
Erst als ein neuer Studiochef kommt, wird die Idee wiederbelebt. Der damals national gefeierte aber international unbekannte Wolfgang Petersen soll das Ruder übernehmen, er schreibt ein Drehbuch und übernimmt die Regie. Petersens Drehbuch zeigt, was Krieg bedeutet und wie er die Menschen verändert. Er will einen authentischen Kriegsfilm aus deutscher Produktion gestalten. Es wird ein Mammutprojekt geplant, nie wurde so viel Geld in Deutschland für einen Film in die Hand genommen. Weg vom Autorenkino hin zum großen international wahrgenommenen handwerklich‐perfekten Blockbuster. Doch die Handlung ist gar nicht Blockbuster geeignet: ein reiner Männerfilm, weder Liebesgeschichte noch Happyend, dafür umso mehr emotional‐nahbare Nazis. Der Anspruch an Realismus und Authentizität ist hoch: auch bei der Auswahl der Schauspieler. Für diesen damals teuersten deutschen Film mit geschätzten Gesamtkosten von 30 Millionen DM soll auf junge und unbekannte Schauspieler zurückgegriffen werden. Echte Typen mit regionalen Charakteristiken und Dialekten, speziellen und besonderen Physiognomien werden gesucht. Viele Schauspieler aus dem Cast von „Das Boot“ erleben einen bedeutenden Karrieresprung und gehören bald zu den prägendsten Vertretern der deutschen Film‐ und Fernsehlandschaft: Jan Fedder, Martin Semmelrogge, Uwe Ochsenknecht, Heinz Hoenig, Claude‐Oliver Rudolph, Ralf Richter, Klaus Wennemann.
Ein Film der Superlative in Deutschland. Für die deutsche Presse ein gefundenes Fressen. Schon die Dreharbeiten werden von einem großen Medienecho begleitet. Nicht zuletzt immer wieder angefeuert von der Kritik des Buchautors Lothar‐Günther Buchheim. Als dann bei Dreharbeiten im französischen La Rochelle das Kulissen‐U‐Boot auseinanderbricht und sinkt, steht die Produktion ein weiteres Mal vor dem Aus. Doch Petersen, die Bavaria und der Cast behalten die Nerven und bringen nach einer weiteren Produktionspause die Dreharbeiten zu Ende.
1981 feiert der Film Premiere. Die deutsche Presse steht ihm kritisch gegenüber. Entweder wird der Film als kriegsverherrlichend angeprangert oder aus der genau anderen Richtung als Schändung der ehrenhaften deutschen Marinesoldaten hingestellt. So fungiert diese Produktion auch als Spiegelbild der deutschen Gesellschaft in den frühen 80er Jahren. Doch die internationale Rezeption ist überwältigend: die Machart des Films gewürdigt — ein bestimmender Aspekt, der in den deutschen Rezensionen aufgrund des ideologischen Diskurs unterging. Sechs Oscar‐Nominierungen besiegeln den Welterfolg, darunter die Königsdisziplinen: beste Regie, bester Schnitt, beste Kamera, bestes adaptiertes Drehbuch. Etwas das nie wieder eine deutsche Produktion schaffte. In Deutschland wird das Boot erst durch Fernsehausstrahlungen als Serie zum Mythos und ein „Director‘s Cut“ belebt das Boot in den 1990ern wieder und macht es zur Legende.
Die Produktion ist in jeder Hinsicht ein zeitloser und extrem fesselnder moderner Klassiker, der seit nunmehr vierzig Jahren Bestand hat: ein Meilenstein der Filmgeschichte. Den beiden Autoren Georg Grill und Sven Femerling gelingt eine beeindruckende Archivcollage. Sie speist sich aus mehr als fünfzig unveröffentlichten Interviews, die sie in den letzten zehn Jahren mit allen Beteiligten geführt haben. Für Fans wie Erstseher von DAS BOOT erschließen sich unbekannte Hintergründe, Anekdoten und Emotionen dieses „Welterfolgs aus der Tiefe“.
Sendezeit
Erstausstrahlung
Sender
Genre
22:30 Uhr
17. Januar 2020
ARTE
Doku